Foto: Tusitastudio - pixabay.comSich selbst organisierende Teams sind fester Bestandteil aller Organisationen. Mal werden sie bewusst eingesetzt, um Beteiligung zu ermöglichen und Eigenverantwortung zu stärken. Ein anderes Mal entstehen sie unbewusst, z.B., wenn Leitung keine Zeit oder kein Bewusstsein für Führung hat. Anhand eines Beispiels beschreibt der Artikel, wie Leitung durch Unterstützung und entsprechende Rahmenbedingungen zum Erfolg von Teams beitragen kann.

Ein Team entsteht

Im Beispiel eines metallverarbeitenden Betriebes soll eine mit Vertretern aus drei Abteilungen (Produktion, Einkauf, Konstruktion) zusammengesetzte Arbeitsgruppe (AG)  dafür sorgen, dass Probleme in der Fertigung behoben werden. Dazu muss diese AG strukturelle Interessengegensätze der drei Abteilungen bearbeiten. Nach Behebung der Mängel sollte die AG aufgelöst werden. Der Grundkonflikt, den die AG zu bearbeiten hatte, am Beispiel erläutert:

Ausgangssituation: Ein eingekauftes Teil entspricht nicht den Vorgaben der Konstruktion, kann allerdings nach aufwändiger Überarbeitung verbaut werden.
Lösung A: Zeichnung und Vorgaben werden geändert, was Geld und Zeit kostet und zusätzlichen Aufwand für neue Sicherheitsüberprüfungen nach sich zieht.
Lösung B: der Lieferant wird dazu bewegt, möglichst auf eigene Kosten nachzuarbeiten und das Produkt vorgabegerecht zu erstellen. Hierbei ist bei Kleinstserien die Verhandlungsposition des Auftraggebers relativ schwach, Kosten für neue Werkzeuge werden mindestens anteilig dem Auftraggeber in Rechnung gestellt.

Die AG arbeitete mehrere Monate zusammen und erzielte Ergebnisse, die allerdings in keiner Weise den Erwartungen, auch denen der Gruppenmitglieder, entsprachen. Die Stimmung wurde schlechter, Persönliches und Atmosphärisches begann die zu verhandelnden Sachfragen zu dominieren.

Auszeit und Reflektion

In einer gemeinsamen Reflektion wurde erörtert, dass der zuständige Bereichsleiter die AG eingesetzt hatte und dabei von ihr explizit eigenverantwortliches und selbstorganisiertes Arbeiten erwartet hatte. Es gab seinerseits keine Vorgaben, wie die Gruppe arbeiten sollte. Der Bereichsleiter bestimmte einen Mitarbeiter aus seinem Bereich für die Leitung der AG und wählte die Mitglieder aus. Sein Ziel war es, dass die Gruppe sich auf Lösungen einigt und ihm zu Entscheidung vorlegt.

In der Analyse des Vorgehens gelangten Leitung und Teammitglieder zur Einschätzung, dass es von Beginn an einen Widerspruch zwischen der erwarteten Eigenverantwortung der Gruppe und dem von der Leitung bei Ingangsetzung praktizierten Vorgehen gab: Die Leitung bestimmte ohne Einbeziehung der Gruppe die Gruppenmitglieder und die Leitungsfunktion.

Neustart

Auf Basis dieser Hypothese bekam die Gruppe den Auftrag, noch einmal ohne die Leitung die eigene Organisation zu überdenken. Sie erarbeitete folgende Ergebnisse, die der Leitung vorgelegt wurden und von ihr verabschiedet worden:

  • Die Koordination der Gruppe und Moderation der Sitzungen wird von einer anderen Person übernommen, die in den Aushandlungsprozessen weniger involviert ist als die bisherige AG-Leitung.
  • Für den Fall, dass sich die Gruppenmitglieder nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen können, wird vereinbart, dass der Leitung zwei bis drei ausgearbeitete Alternativen zur Entscheidung vorgelegt werden können. (Die Situation, dass die Gruppe nicht wie erwartet zu einer Lösung kommt, war bei der Ingangsetzung nicht mitgedacht und damit auch nicht geregelt worden.)
  • Es finden monatliche Abstimmungstreffen zwischen Bereichsleitung und AG statt.
  • Von den ursprünglich acht Gruppenmitgliedern sollen nur noch vier an allen AG-Sitzungen teilnehmen, die vier anderen können bei Bedarf hinzugezogen werden.

Fazit

Wird einer Gruppe Ergebnisverantwortung übertragen, sollte sie auch die Verantwortung für ihre Organisation und Strukturierung erhalten. Dem reinen Hinweis „sorgt auch für entsprechende Strukturen und Prozesse“ wird allerdings nicht von allen Teams die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt. Das Ergebnis steht im Vordergrund, man fängt einfach an, alles wird sich regeln. Deshalb sollten Teams beauftragt werden, sich zu folgenden Strukturmerkmalen zu vereinbaren:

  • Wer koordiniert das Team nach innen (Einladung zu Sitzungen, Themenvorschläge, Fokussierungen …)?
  • Wer repräsentiert das Team nach außen, zur Leitung?
  • Wer moderiert Teamsitzungen, wer dokumentiert wie die Ergebnisse?
  • Wer sorgt dafür, dass regelmäßig die Arbeit des Teams reflektiert wird: Wie gestalten wir den Prozess, wie bewerten wir unsere Ergebnisse, wie unsere Eigenorganisation?
  • Wie tauscht sich das Team mit der Leitung aus, wie wird die Leitung über den Prozess auf dem Laufenden gehalten?

Bewährt hat sich in diesem Team, am Ende der Teamsitzungen die Frage zu beantworten: Wer hat heute wie zum Gelingen der Sitzung beigetragen? Damit sind die Teammitglieder weg von der Negativfixierung und werden ermuntert, nach Positivem zu suchen und können erproben, Kolleginnen und Kollegen konkretes, positives Feedback zu geben.