Kopfnicken, in die Luft oder auf den Boden schauen, schweigen, „Ja, ich bin dafür“, Papiere sortieren, Pokerface – es gibt vielfältige Verhaltensweisen, die von Teamleitungen als Zustimmung gewertet werden. Die Vielfältigkeit oder auch Beliebigkeit hat ihren Preis.

In den meisten Teams gibt es keine Vereinbarung, wie Zustimmung und Ablehnung geäußert werden. Die Regel dazu lautet: Jede/r entscheidet selbst über die Form. Diese Beliebigkeit steht oft in krassem Missverhältnis zu der Energie, die in den vorherigen Aushandlungsprozess gesteckt wurde. Und sie missachtet etwas, was vorher meistens eingefordert wurde: Verbindlichkeit. Sie ist wichtig, weil Entscheidungen nur die erhofften Wirkungen bringen, wenn sich alle gemäß Vereinbarung verhalten.

Exemplarisch sei hier ein Teamprozess beschrieben. Das bisherige Modell der Arbeitszeiten musste wegen geänderter Erwartungen der Kunden angepasst werden. Der beliebte freie Freitagnachmittag war nicht mehr zu halten, es muss bis 18:00 gelehrt und gebildet werden. Die Teamleitung hatte in einer ersten Sitzung über die Situation informiert und erste Lösungsoptionen und Meinungen erfragt – sie wollte die Mitarbeitenden „mitnehmen“, nicht per hierarchischer Entscheidung etwas durchdrücken. Insgesamt 90 Minuten wurde in einer zweiten Teamsitzung über Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Nach allem Abwägen schien klar, dass die Lösung A von den meisten favorisiert und akzeptiert wird. Teamleitung: „Ich denke, alles in allem ist für uns Modell A das Beste. Könnt ihr dem zustimmen?“ Es setzte das oben schon beschriebene Verhaltens-Potpourri ein. „Ok, dann machen wir das ab dem kommenden Monat so.“

Als Beobachter entstand bei mir sofort die Vermutung, dass nicht alle „wirklich“ zugestimmt haben, dass sich einige der Teammitglieder Türen offen gelassen haben für eigene Interpretationen der Arbeitszeitordnung. Ihr innerer Vertrag war ein anderer als der, den sie nach außen mit dem Team geschlossen hatten.

Auf meinen Vorschlag hin hatte jede/r nacheinander die Möglichkeit (manche werden es als Zwang empfunden haben), sich zur Abstimmung zu äußern. Plötzlich waren Ruhe und Ernsthaftigkeit im Raum. Letzten Endes stimmten alle zu – die Qualität der Vereinbarung hatte gegenüber der ersten Abfrage deutlich zugenommen. Manche erläuterten in ihren Beiträgen ihre Skepsis oder ihre Ambivalenz oder begründeten ihre Zustimmung. Durch einen Beitrag entstand der Vorschlag, in 2 Monaten gemeinsam zu überprüfen, wie das neue Modell funktioniert. Die Abfrage von 12 Teammitgliedern dauerte ca. 15 Minuten – aus meiner Sicht eine gute Investition in Verbindlichkeit. Die öffentliche und deutliche Positionierung am Ende schafft Klarheit, wie es den Einzelnen mit einem Thema geht. Das reduziert den Bedarf, direkt nach der Teamsitzung im informellen Teil darüber zu mutmaßen, ob Dieter sich an die Regel hält, warum Gaby dafür ist und wie die Teamleitung dazu steht.

Die Abfrage und persönliche Positionierung trägt dazu bei, Sicherheit in den sozialen Bezügen des Teams zu schaffen.

Auch für den Fall, dass eine Minderheit einen Vorschlag ablehnt und die Leitung bzw. die Mehrheit den Vorschlag durchsetzt, bringt eine öffentliche, persönliche Positionierung Vorteile: Die Gründe der Ablehnung werden in der formalen Kommunikation des Teams erläutert, was es der Teamleitung überhaupt erst möglich macht, darauf kommunikativ zu reagieren. Teamleitung kann es den Überstimmten leichter machen, auch innerlich mitzumachen, indem sie „aktiv zuhört“ und die Position der Ablehnenden wiedergibt. Das Gefühl „ich bin verstanden worden, Teamleitung hat mir zugehört“ ist positiv und hilft, mit der Ablehnung der eigenen Position klar zu kommen.

Im nächsten Artikel zum Thema Teamentwicklung setze ich mich mit Entscheidungsprozessen und dem Abstimmungsmodus in Teams auseinander.

Andreas Rauchfuß