Was tun, wenn eine neue Leitungsebene eingeführt wurde und diese Kollegen/innen für ihre neuen Aufgaben qualifiziert werden wollen und sollen?

Ganz klar: Man ermöglicht den neuen Führungskräften eine Führungs-Fortbildung und organisiert für die Gruppe der neuen Führungskräfte eine gemeinsame Inhouse-Schulung. Die Inhalte werden zwischen Personalentwicklern und Trainern abgestimmt werden, es wird der Austausch zwischen den Führungskräften gefördert, ein gemeinsames Führungsverständnis kann sich entwickeln So weit so gut und üblich!

Aber fehlt da nicht noch was? Wir finden „JA“ und schildern gerne einen Fall aus der Praxis.

Das Besondere?
Alle ca. 40 Führungskräfte aller Ebenen, inklusive Geschäftsleitung nehmen an allen Schulungen zur Methoden, Sozial- und Selbstkompetenz im Bereich Führung teil. Und zwar in Hierarchie übergreifenden Gruppen und von Modul zu Modul in neuer Zusammensetzung.

Das braucht eine überzeugte und überzeugende Geschäftsführung und eine klare Personalentwicklung!

Der Hintergrund

Eine kompetente Personalentwicklerin hat gemeinsam mit einer systemisch denkenden Geschäftsführung überlegt, wie aus diesem berechtigten Anliegen ihrer ca. 20 Teamleiter, ein für das gesamte Unternehmen gewinnbringendes Unterfangen werden kann.Viele kennen sicher eine Reihe eher schlechter Beispiele: Ein Unternehmen investiert in die Schulung einer Leitungsebene. Diese Führungskollegen sind Willens das neu Erlernt im Führungsalltag umzusetzen und scheitern an den Vorstellungen der nächst höheren Führungsebene. Das produziert Unzufriedenheit, die sich letzten Endes bis zu den Mitarbeitern bahn brechen kann, wenn sie mit unterschiedlichen bis widersprüchlichen Botschaften konfrontiert sind. Reibungsverluste sind vorprogrammiert. Teamleiter in ihrer ohnehin herausfordernden Sandwichposition, rücken möglicher weise sehr nah an ihre Teams und vertreten kaum die Führungsperspektive, da sie sich von den höheren Führungsebene nicht gesehen und verstanden fühlen. Das sollte hier anders laufen. Was den Teamleitern vermittelt wird, sollen die anderen Leitungsebenen mit-lernen.

So kann es gehen- ein „Idealfall“ in 6 Schritten:

1. Workshop mit allen Teamleitern – Selbsteinschätzung:

Was wird von uns erwartet, was wir wissen, tun und können sollen? Wie sehen wir selber unsere Rolle? Was können wir? Was brauchen wir?

2. Workshop mit allen höheren Führungsebenen (Abteilungsleitung und Geschäftsführung):

Was sollen unsere Teamleiter tun, was müssen sie dafür wissen und was müssen sie können? Fremdeinschätzung: Was nehmen wir wahr, was sie bereits wissen und können und wo sehen wir Entwicklungsbedarf.

3. Workshop mit allen Führungsebenen:

Die Personalabteilung stellt die Ergebnisse beider Workshops vor. Abgleich der Ergebnisse, Erkunden von Unterschieden, gemeinsames Priorisieren.

4. Arbeit der Personalentwicklung: Erarbeiten eines Anforderungskatalogs für eine Fortbildungsreihe

Welches Wissen und welche Fähigkeiten sollen den Führungskräften vermittelt werden?

Zuordnung auf die unterschiedlichen Kompetenzbereiche:
• Fachkompetenz / Fachwissen
• Methodenkompetenz
• Soziale und kommunikative Kompetenzen
• Selbstkompetenz

Teile des notwendigen Fachwissens konnten und wurden sinnvoller weise von eigenen Führungskräften geschult. So wurde sichergestellt, dass intern vorhandenes Wissen weitergereicht und geteilt wird. Für die externe Trainerin war eine Grundlage geschaffen, um eine passgenaue Fortbildungsreihe zu entwickeln.

5. Entwicklung eines Seminarkonzepts:

Die externe Trainerin entwickelt auf der Basis des Anforderungskatalogs ein Seminarkonzept und Curriculum.

6. Seminardurchführung:

Alle Führungskräfte aller Ebenen, inklusive Geschäftsleitung nehmen an allen sieben Seminartagen zur Methoden, Sozial- und Selbstkompetenz im Bereich Führung teil. Und zwar in Hierarchie übergreifenden Gruppen, von Modul zu Modul auch noch in neuer Zusammensetzung.

7. Nachbereitende Workshops:

Im Nachgang zur Schulung werden in Workshop-Form zu einigen zentralen Führungsthemen, gemeinsame Vorgehensweisen und eine gemeinsame Führungshaltung vereinbart.

Auswertung – Das Gute und das Schwierige

Das Gute –Viele Fliegen mit einer Klappe:

  • Die Verpflichtung aller Führungskräfte ermöglichst es selbst denjenigen, die (sicher manchmal auch zu Recht) meinen, es würde bei Ihnen alles gut laufen und sie bräuchten keine Fortbildung, neue Erfahrungen zu machen, Feedback zu bekommen, andere Perspektiven einzunehmen und zusätzliche Kompetenzen zu erwerben.
  • Die hierarchieübergreifende Zusammensetzung der Lerngruppen ermöglicht erst ein wirklich gemeinsames, unternehmensweites Führungsverständnis.
  • Sich in Übungen und Rollenspielen zu zeigen, fördert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Führungskollegen und zwischen den Hierarchiestufen.
  • Es entsteht gegenseitiges Verständnis für die Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten der jeweils anderen Führungsebenen.
  • Die abteilungsübergreifende Kommunikation und Kooperation bekommt einen positiven Schub. Teilperspektiven wachsen mehr zu einer Unternehmensperspektive zusammen.
  • Es werden unterschiedlichste Entwicklungsbedarfe des Unternehmens sichtbar und kommuniziert.

Und natürlich gab es auch Hürden zu überwinden:

  • Die Gruppen so zusammensetzen, dass immer eine möglichst große Mischung der Hierarchiestufen, der Abteilungen, von Männer und Frauen und von Freiwilligen und eher verpflichteten Kollegen, zusammenkam.
  • Vor den Kollegen, vor dem eigenen Vorgesetzten oder der eigenen untergeordneten Führungskraft offen über Probleme zu sprechen.
  • Sich zu trauen, sich in diesem Setting an Rollenspielen und Übungen zu beteiligen.
  • Sich gegenseitig Rückmeldung zu geben, denn man muss ja auch nach der Fortbildung noch weiter zusammenarbeiten.
  • Diejenigen einzubeziehen, die nur dabei sind, weil sie verpflichtet sind.

Was nun zum Optimum noch fehlt, ist eine Auswertung aus Mitarbeiterperspektive!

Stephanie Frenzer