Handlungsoptionen für die Führungspraxis

Der Artikel bietet einen Überblick über Analyse- und Strategieoptionen zum Umgang mit unzureichenden Arbeitsergebnissen. „Unzureichende Arbeitsergebnisse“ können Überschneidungen haben mit dem Thema „schwieriges Mitarbeiterverhalten“. Ich fokussiere im vorliegenden Text auf Arbeitsergebnisse, also auf die Wirkung von Verhalten. In meiner Beratungspraxis kommt es nicht selten vor, dass Mitarbeiter*innenverhalten (latent aggressiv, unverbindlich, eigenbrötlerisch …) vorliegt, welches der Führungskraft und Kolleg*innen Schwierigkeiten bereitet und die Person gute Ergebnisse liefert, bzw. der Zusammenhang zu schlechten Ergebnissen nicht wirklich belegbar ist. Ein Beispiel: Fachexpertise und gute Ergebnisse einer Mitarbeiterin sind mit stark abwertendem Verhalten gegenüber Kolleg*innen verbunden. Wegen der Expertise duldet die Organisation das schwierige Verhalten und nimmt in Kauf, das andere Mitarbeitende das Team verlassen. Oder andersherum: ein netter Mensch mit guten Absichten, anerkannt im und getragen vom Team, schafft es nicht, die erwarteten Ergebnisse zu produzieren. Deshalb sollte bei der Betrachtung unzureichender Arbeitsergebnisse zwischen Absicht, Verhalten und Wirkung deutlich unterschieden werden.

Differenziert analysieren – um mehr Handlungsoptionen zu erschließen

Hinsichtlich unzureichender Arbeitsergebnisse kann eine Unterscheidung nach dem Grad der eindeutigen (quantitativen) Beobachtbarkeit, nach dem Grad des Einverständnisses über das zu erzielende Arbeitsergebnis und hinsichtlich ihrer Wirkung auf z. B. Kundinnen, Team oder Unternehmen hilfreich sein.

Eindeutig beobachtbar und messbar sind beispielsweise weniger angenommene Anrufe, fehlerhafte Buchungen oder die Zahl der Beschwerden über fehlerhafte Medikamentierung. Weniger eindeutig in der Aussagekraft sind einzelne Beschwerden von Kund*innen, der Umgang mit als schwierig eingeschätzten Klient*innen usw.

Zu erzielende Arbeitsergebnisse können in Arbeitsverträgen, in Stellenbeschreibungen, im Qualitätsmanagement oder in Zielvereinbarungsgesprächen festgelegt oder vereinbart werden. In der Praxis ist es oft so, dass neben den (wenigen) konkret beschriebenen Arbeitsergebnissen noch Erwartungen an Mitarbeitende mündlich oder schriftlich geäußert werden. In der Sozialwirtschaft beziehen sich diese Anforderungen häufig auf die Qualität oder kommunikative Aspekte der Leistungserbringung (kundenorientiert, kostenbewusst, wertschätzend, achtsam).

Für die Organisation ist es besonders herausfordernd, wenn sie sich gegenüber Auftraggeber*innen (Jugendamt, Jobcenter …) auf Ziele/Ergebnisse verpflichtet, die letztlich nicht allein in der Entscheidungsgewalt der Organisation oder der Mitarbeitenden liegen (Stichwort: „Koproduktion“): Abkehr von Drogen, Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung usw. Die Organisation kann den Rahmen beeinflussen, aber nicht direkt das Verhalten der Klient*innen. Das bedeutet, dass es formale, vertraglich vereinbarte Ziele gibt und, oft unausgesprochen, informell zusätzliche Zielgrößen entstehen. Es bildet sich bezüglich der Arbeitsergebnisse ein Graubereich, der formal (schriftlich) schwer zu bearbeiten ist.

Zusammengefasst führen diese Überlegungen zu den folgenden Fragen im Rahmen einer detaillierten ersten Analyse:

  • (Wie) lässt sich die Erfüllung der Arbeitsergebnisse messen, bzw. durch Beobachtungen belegen? Welche zusätzlichen Beobachtungen/Erfassungen sind möglich, nötig?
  • Wie und wo sind die erwarteten Arbeitsergebnisse (formal, informell) definiert und wie weit decken sich die Vorstellungen und das Wissen von Führungskraft und Mitarbeitenden über zu erzielende Arbeitsergebnisse?
  • Welche Wirkungen haben (begründet, belegbar) mangelnde Arbeitsergebnisse? Die Antwort ist wichtig, um in einem späteren Dialog mit Mitarbeitenden den Verdacht zu widerlegen, dass es sich um Animositäten oder Willkür seitens der Führungskraft handelt.

Die zweite Analyse richtet den Fokus auf den Kontext rund um den*die Mitarbeitende*n und die Aufgabe. Es geht darum herauszufinden, welche Faktoren neben dem Verhalten des oder der Mitarbeitenden einen Einfluss auf das Arbeitsergebnis haben können: fehlende Arbeitsmittel, räumliche oder zeitliche Ressourcen, Besonderheiten auf Seiten der Klient*innen, fehlende Einarbeitung, Rolle oder Aufgabenverteilung im Team usw. Ergeben sich hier Auffälligkeiten, kann die Führungskraft am Zusammenspiel von Kontextfaktoren und Mitarbeiter*in arbeiten.

Im dritten Schritt werden die beteiligten Akteure, also Mitarbeiter*in und Führungskraft, analysiert.

Kann der*die Mitarbeiter*in nicht oder will er/sie nicht? Diese Unterscheidung zu treffen und Hypothesen zu entwickeln ist hilfreich für die Wahl der weiteren Strategie. In den Publikationen zum „Minuten-Manager“ (Kennneth Blanchard u.A.) entwickeln die Autor*innen eine Matrix anhand der Vektoren niedriges/hohes Engagement (Selbstvertrauen und Motivation) und niedrige/hohe Kompetenz (Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen). Dadurch entstehen 4 Kombinationen bezüglich des Entwicklungsstandes von Mitarbeitenden, denen jeweils ein anderer Führungsstil zugeordnet wird.

(1) Wenig Kompetenz, hohes Engagement: dirigieren – im Sinn von eng begleiteter und kontrollierter Arbeit/Anleitung, kleinteiligen Arbeitsaufträgen und der Betonung erreichter fachlicher Fortschritte, um die Motivation aufrechtzuerhalten.

(2) Wenig Kompetenz, wenig Engagement: trainieren – wegen der mangelnden Kompetenz analog (1), ergänzt um einen aktivierenden Aspekt, um die Motivation zu erhöhen: an Entscheidungen und Arbeitsplanungen beteiligen.

(3) Hohe Kompetenz, wenig bis schwankendes Engagement: sekundieren – Selbstvertrauen und Motivation durch Aufmerksamkeit, durchaus mit einem kontrollierenden Aspekt, und Empathie fördern.

(4) hohe Kompetenz, hohes Engagement: delegieren – Verantwortung für Aufgaben und Entscheidungen delegieren und Verfahren der Rückmeldung vereinbaren.

Beim Blick auf die Führungskraft helfen folgende Fragen:

  • Wie weit (a.) kennt und (b.) teilt der/die Mitarbeitende meine Kritik an den Arbeitsergebnissen? (0 – 100 %)
  • Wie habe ich dazu beigetragen: zum Erreichten und zum Fehlenden? Was hält mich davon ab, deutlicher zu werden, was kann mich oder den/die Mitarbeitende unterstützen? Wie klar agiere ich in meiner Rolle?
  • Inwiefern tragen die organisationalen Strukturen (Kommunikationswege, Handlungsprogramme etc.), die ich als Leitungskraft verantworte, mit dazu bei, dass unzureichende Arbeitsergebnisse kontinuierlich reproduziert werden?
  • Wenn ich schon vorher aktiv war, mit wenig Erfolg: was sollte ich nicht wiederholen, was hat bereits zumindest etwas bewirkt und was könnte ich (überraschend oder irritierend) anders machen?

Viele Handlungsoptionen entwickeln – um wählen zu können

Bei der letzten Frage geht es darum, dass die Führungskraft bisher Unterschiede gemacht hat, die auf Seiten des/der Mitarbeitenden keinen Unterschied gemacht haben – sie haben zu keiner wesentlichen Wirkung geführt. Beispiele für einen Wechsel der Strategie der Führungskraft:

  • Sie hat die Arbeitsergebnisse bisher im geschützten Dialog angesprochen, (mit oder ohne Ankündigung) nun spricht sie die Arbeitsergebnisse im Team an.
  • Sie hat bisher nur die Sachebene thematisiert. Nun spricht sie auch Gefühle der Mitarbeitenden (Überforderung, Scham …), eigene (Zweifel, Überraschung, Ärger, Ratlosigkeit …) oder die anderer an.
  • Sie ist mittlerweile genervt, hat Distanz entwickelt und kommuniziert entsprechend. Nun wird sie empathisch, versucht komplett die Sicht der anderen Seite zu verstehen (ohne sie zu akzeptieren) und kommuniziert entsprechend.
  • Ihr Fokus war bisher eng auf den/die Mitarbeitende/n gerichtet. Nun bezieht sie den Kontext mit ein.
  • Bisher war „sagen“ ihre Strategie, nun „fragt“ sie.

Die Strategiewechsel machen auch in die andere Richtung Sinn: vom Fragen zum Sagen, von Empathie zu sachlicher Forderung.

Bei der Wahl der Gesprächsstrategie für ein Rückmelde-, Entwicklungs- oder Kritikgespräch hilft es sich klarzumachen, welche Gesprächsformate welche Wirkung und welche Gelingensvoraussetzung haben. Ich erläutere das anhand der jeweiligen Pole. Beim Beraten von Mitarbeitenden durch die Führungskraft liegt die Verantwortung für bessere Arbeitsergebnisse auf Seiten der Mitarbeitenden. Beim Konfrontieren („Ansage“) liegt die Verantwortung auf Seiten der Führungskraft. In der Regel eignet sich Konfrontieren für einfache Sachverhalte, wenn eindeutiges Soll-Verhalten zu beschreiben ist: „Sie besuchen eine Fortbildung, sie wechseln die Schicht …“. Bei komplexeren Sachverhalten gibt es eine größere Spannbreite von möglichen Lösungen. Dann, und wenn von Mitarbeitenden eigenverantwortliches Handeln erwartet wird, ist beraten (fragen statt sagen) eine gute Option.

Generell betrachtet sollten Führungskräfte bei der Wahl von Handlungen abwägen hinsichtlich „kann ich und passt zu mir“ und „verspricht die gewünschte Wirkung“. Nicht immer ist die Strategie, die eine Führungskraft gut und gerne kann (Beispiel: zuhören, empathisch sein) die, die am meisten Wirkung verspricht (Beispiel: Ansage und Konsequenz).

Andreas Rauchfuß

Diplom-Kaufmann und systemischer Organisationsberater und Coach. Seit 1996 Gesellschafter der Move Organisationsberatung Frenzer | Massolle | Rauchfuß in Münster. Schwerpunkte: Organisationsentwicklung, Training (Führen, Moderation, Konflikte und Irritationen, Organisation) und Coaching für kleinere Unternehmen und Unternehmen in der Sozialwirtschaft.