Teamfähigkeit lässt sich lernen

In vielen Stellenausschreibungen wird Teamfähigkeit als eine der wesentlichen Voraussetzungen für Mitarbeitende oder Teamleitende beschrieben. Vor allem in neueren Konzepten agiler Teams erscheint es notwendig, teamfähige Menschen zu bekommen.

Doch was ist eigentlich Teamfähigkeit? Wir als systemisch denkende Menschen gehen nicht davon aus, dass diese Fähigkeit als Persönlichkeitsmerkmal oder Charaktereigenschaft vorhanden ist. Der Begriff beschreibt zunächst was es braucht, um zum sinnvollen Handeln und Erfolg von Teams beizutragen. Wir gehen davon aus, dass sich Teamfähigkeit in konkreten Handlungen und Verhaltensweisen ausdrückt, die Menschen einsetzen, um hilfreich in Teams zu arbeiten. Was tun also Menschen, wenn sie sich teamfähig verhalten??

Erfolgreiche Teams zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihr Wissen bündeln, Erfahrungen, unterschiedliche Fachlichkeiten und Fähigkeiten von Mitarbeitenden nutzbar machen, um gerade im Zusammenwirken dieser Unterschiede Ergebnisse zu erzielen, Neues hervorzubringen oder gemeinsam Aufgaben zu verwirklichen.

Eine wesentliche Voraussetzung, damit Teamarbeit gelingt, ist deshalb, diese Unterschiede als notwendige Merkmale von Teams zu akzeptieren und diese Akzeptanz in der Kommunikation zum Ausdruck zu bringen. Den Vorstellungen und Gedanken der einzelnen Teammitglieder wird aktiv und erkennbar ein Wert zugesprochen. Eigene Bewertungen dieser Unterschiede und anderen Handlungsweisen werden zunächst zurückgestellt. Das sichtbare Bemühen, Vorstellungen und Handeln anderer zu verstehen steht im Vordergrund, eigene Vorstellungen werden daneben gestellt.

Trennende Sprache vermeiden!

Teamfähigkeit drückt sich in einem reflektierten Umgang mit einer Sprache aus, die Verbindung ermöglicht. Trennend ist eine Sprache, die Meinungen und Vorstellungen anderer rasch bewertet („Das ist falsch!“), der eigenen Meinung Recht und der anderen Meinung Unrecht zuspricht und damit beim anderen die Wirkung erzeugt, als Person in ihren Äußerungen nicht ernst und angenommen zu werden. Trennende Sprache sucht nach Fehlern und Schuldigen und vor allem macht sie andere Personen für eigene Emotionen, z. B. Ärger, verantwortlich.

In Teamentwicklungsprozessen begegnen uns vielfältige Formen zu kommunizieren, die dazu beitragen, Unterschiede in den Sichtweisen, Bewertungen und Vorstellungen zu Konflikten wachsen zu lassen. Beispiele hierfür sind:

  • „Augenrollen“,
  • Nebengespräche führen,
  • „Ja – Aber“ sagen,
  • „Wenn Du mir noch nicht zustimmst, dann hast Du mich noch nicht verstanden“,
  • „Man kann doch nicht…/ man muss…“
  • „Ich erwarte….“
  • Über-, statt miteinander sprechen,
  • Interpretationen – „Das macht er/sie doch nur, weil….“.

Was läuft da eigentlich schief?

Wir hören oder sehen, was Kollegen/innen tun, oder warten auf etwas, was nicht getan worden ist. Wenn das bei uns unangenehme Gefühle auslöst, sei es Ärger, Enttäuschung, Hilflosigkeit, Druck…, dann schreiben wir den Kollegen/innen leicht die „Schuld“ dafür zu. „Ich bin sauer weil er/sie ….!“ Selbst wenn wir keine schlechten Absichten unterstellen, so doch zumindest schlechte Eigenschaften. Mein Kollege ist eben „nachlässig“, „unzuverlässig“….!

Wertschätzende Kommunikation befähigt Teams

Hier bietet das Modell der wertschätzenden Kommunikation (in Anlehnung an die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall R. Rosenberg) einen erlernbaren Ansatz, der die Teamkompetenz deutlich stärkt.

Das Wissen, dass die Befriedigung oder Nicht-Befriedigung unserer grundlegenden und aktuellen Bedürfnisse entscheidend für unsere jeweilige Gefühlslage ist, hilft in der Eigenverantwortung zu bleiben und auf Vorwürfe zu verzichten.

Das ist allerdings mit der Herausforderung verbunden, sich der eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden und eigene Gefühle als Auslöser zu nutzen, auf sich selbst zu schauen und nach eigenen Bedürfnissen zu suchen. Das ist ungewohnter als der Mechanismus, sich nach außen zu richten und dem Gegenüber die Verantwortung für die eigenen unangenehmen Gefühle zu geben.

Wenn ich mir dann selbst-bewusst über meine Bedürfnisse werde, steht im Konzept der Wertschätzenden Kommunikation der nächste Schritt an. Wie kann ich dazu beitragen, dass meine Bedürfnisse erfüllt werden? Was kann ich dazu tun? Wen kann ich um was genau bitten? Oder wie kann ich am besten damit umgehen, wenn es (im Moment) keine Möglichkeit für eine Erfüllung meiner Bedürfnisse gibt?

Bedürfnis meint dabei nicht: Ich brauche oder möchte, dass die Kollegin das Protokoll in der vereinbarten Zeit erstellt. Das ist „nur“ eine mögliche Handlung, um das eigene Bedürfnis z. B. nach Verlässlichkeit, Entlastung oder Effektivität zu erfüllen.

Wenn wir uns dessen bewusst werden, gelingt eine verbindende Sprache, die Kommunikation vereinfacht und vor allem verhandlungsfähiger macht. Durch das Mit-Teilen unserer (ihrer und meiner) Emotionen und Bedürfnisse steigt die Chance, dass das Gegenüber dazu beträgt, dass es auch mir im Team gut geht und ich gut mitarbeiten kann.

Der Unterschied zwischen Bitten und Fordern

Dabei ist der Unterschied zwischen „Bitten“ und „Fordern“ bedeutsam: Wir alle wissen, dass eine Forderung, die an uns gestellt wird, selten dazu beiträgt, dass wir diese motiviert und mit Freude für den anderen erledigen. Häufig wächst eher Widerstand, den wir dann mehr oder weniger offen zeigen.

Der Unterschied zwischen Bitten und Fordern zeigt sich meist erst dann, wenn mein Gegenüber zu meinem Wunsch „Nein“ sagt. Eine nicht erfüllte Forderung quittieren wir mit diversen Formen von Sanktionen. Das „Nein“ zu einer Bitte kann ohne Sanktion akzeptiert werden, auch wenn das „Nein“ für mich unangenehme Konsequenzen hat.

Diese Form von wertschätzender Kommunikation erscheint im beruflichen Kontext und der Teamarbeit möglicherweise ungewöhnlich und lädt zum Widerspruch ein: „Es kann doch nicht um die Erfüllung persönlicher Bedürfnisse gehen. Wir können uns nicht ständig um die Gefühle aller Teamkollegen kümmern. Es sollte nur um die Sache gehen, wir werden doch dafür bezahlt, unsere Arbeit zu machen.“

Stimmt! Gleichzeitig machen wir immer wieder die Erfahrung, dass Emotionen und die dahinterliegenden Bedürfnisse Mitarbeiter/innen (und Leitungskräfte) antreiben und in ihrem Handeln steuern. Dann kann es doch hilfreich sein, eigenverantwortlich und selbst-bewusst mit eigenen Bedürfnissen und Emotionen umzugehen und dies in einer verbindenden Sprache auszudrücken. Mitarbeitende, Leitungskräfte und Teams, die sich dieser Fähigkeiten bedienen, werden vermutlich auch in schwierigen Sachfragen bessere und von allen getragene Lösungen finden.

Literaturhinweis: Beate Brüggemeier, Wertschätzende Kultur im Business.

Stephanie Frenzer / Johannes Massolle